Karin Berger

Aufgewachsen in Hoheneich, im Norden des Waldviertels, mit 14 Jahren nach Wien in das Internat der Höheren Bundeslehranstalt für Wirtschaftliche Frauenberufe. 1972-1974 Pädagogische Akademie 1974 längerer Aufenthalt in den USA, Kellnerin in den Pocono Mountains und Kassierin in New York. Beginn des Studiums der Ethnologie und Politikwissenschaft in Wien. 1975-1978 Lehrerin an einer Allgemeinen Sonderschule in Wien. 1978 Studienaufenthalt am Amazonas in Belém/Pará Brasilien. 1979/1980 Sekretärin der Sozialistischen Jugend Österreichs, später leitende Redakteurin der Verbandszeitung Trotzdem. 1980 Beginn freier Projektarbeit, journalistische Tätigkeit mit den Schwerpunkten Entwicklungs- und Frauenpolitik und Dokumentarfilm. Erste filmische Arbeiten auf Super 8. 1981-1985 Gemeinsam mit Projektgruppe (Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik, Lisbeth N. Trallori) umfangreiches Interviewprojekt zum Widerstand österreichischer Frauen im Nationalsozialismus. Daraus entstehen der Dokumentarfilm Küchengespräche mit Rebellinnen und die Bücher Der Himmel ist blau. Kann sein. Dissertation über ’Frauliches Wesen’ und Rüstungsproduktion im Nationalsozialismus. 1985-1987 weiteres Interviewprojekt zum Widerstand österreichischer Frauen in den Konzentrationslagern des NS-Regimes und Herausgabe des Buches Ich geb Dir einen Mantel, dass du ihn noch in Freiheit tragen kannst.. Ab 1987 Universitätslektorin an den Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg zu den Themen Frauenpolitik, Frauen im NS-System, Oral-History als Forschungsmethode und zum Bild der Roma und Sinti im Film. 1988 Beginn der Zusammenarbeit mit Ceija Stojka, Herausgabe ihrer autobiographischen Aufzeichnungen Wir leben im Verborgenen und Reisende auf dieser Welt. 1988-1990 Forschungsprojekt Arbeitslosigkeit in Österreich im Auftrag des Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Forschung. 1991 Geburt meiner Tochter Mara. 1997-1999 Regiearbeit am Dokumentarfilm Ceija Stojka – Porträt einer Romni. 2000-2003 Österreichische Historikerkommission zum Thema Vollzugspraxis des Opferfürsorgegesetzes. 2004-2007 Regiearbeit für die Filme Unter den Brettern hellgrünes Gras und Herzausreisser. 2005 Buchpublikation auf Basis eines Gespräches mit Ceija Stojka zu Bergen-Belsen: Träume ich, dass ich lebe? 2008 Gemeinsam mit Andrea Brem Buchprojekt: Am Anfang war ich sehr verliebt. Frauen erzählen von Liebe, Gewalt und Neubeginn im Frauenhaus. 2009-2011 Univ. Assistentin für Visuelle Zeit- und Kulturgeschichte Universität Wien mit dem Schwerpunkt Formen des Dokumentarfilms und Zeitgeschichte. 2009 Installation für die Ausstellung Hieronymus Löschenkohl - Sensationen aus dem Alten Wien im Wien Museum. Kuratierung der Filmreihe Die Kunst der Erinnerung für okto.tv und 2010 der Dokumentarfilmreihe KUNST-FILM-DOKUMENT Filmarchiv Austria. Personale bei FrauenFilmTage in Wien. Ab 2010 jährliche Lehrveranstaltung beim Universitätslehrgang Muslime in Europa am Postgraduate Center Wien, 2011-2013 Mitglied im Vorstand der VDFS-Verwertungsgesellschaft der Österreichischen Filmschaffenden, 2011-2014 Mitglied im Vorstand von dok.at Interessensgemeinschaft Österreichischer Dokumentarfilm, 2011-2014 Beirätin im Filmbeirat des BMUKK, 2012-2013 Gastprofessorin an der Kunstuniversität Linz, Abteilung Zeitbasierte Medien. 2012 Buch und Regie der Sendereihe oktologisch für Okto TV, 2013 Neuherausgabe von Ceija Stojka: Wir leben im Verborgenen mit dem Essay Reisen in die Kaiserstraße, kontinuierliche Abhaltung von Workshops zu Fragen des Dokumentarfilms u.a. bei der School of Documentary Studio West in Salzburg, laufend Diskussionsveranstaltungen zu den Filmen Tränen statt Gewehre, Küchengespräche mit Rebellinnen, Ceija Stojka, Unter den Brettern hellgrünes Gras im In- und Ausland, 2014 Entwicklung des essayistischen Filmprojektes: Cutting The Surface. 2016 in der Reihe POSITION-N der Medienwerkstatt Wien DVD Mit offenem Blick - Gespräch mit Isabella Reicher 2017 Video-Installation für die Ausstellung Geteilte Geschichte Wien Museum, Abschluss des Filmes O! FORTUNA! I-VI - work in progress. 2018/2019 Videoinstallation Respublicaner*innen für das Haus der Geschichte Österreich. Dramaturgische Beratung der Dokumentarfilme Inland (R: Ulli Gladik, 2019) und Widerstandsmomente (R: Jo Schmeiser, 2019). 2019 Gründungsmitglied des Ceija Stojka International Fund in Paris. Der Film Unter den Brettern hellgrünes Gras wird Teil der internationalen Ausstellungen von Ceija Stojkas Bildnerischem Werk: Friche la Belle de Mai Marseille 2018, La Maison Rouge Paris 2018, Museum Het Valkhof Nijmengen 2018/19, MUNTREFF Buenos Aires 2019, Museo Reina Sofía Madrid 2019/20, Malmö Konsthall Malmö 2021, 2021 Sintra Museum of Arts within the LEFFEST Filmfestival Lissabon, 2023 „What should I be afraid of" Austrian Cultural Forum New York 2021 Lecture Back into The World –Ceija Stojka: Writing, painting, living Konsthall Malmö, 2022 Digitalisierung der Rohmaterialien des Projektes Widerstand österreichischer Frauen gegen den Nationalsozialismus, 2022/23 Arbeit an WANKOSTÄTTN - ein Überlebender erzählt, 2023 Viele Stimmen. Ein Beitrag. - Vortrag im Rahmen der Ausstellung Ende der Zeitzeugenschaft? im Haus der Geschichte Österreich, Neue Herausgabe des Buches Der Himmel ist blau. Kann sein. Frauen im Widerstand 1938-1945. Ein Filmabend für Agnes Primocic, Hallein, mit Universität Mozarteum.

 

Auszeichnungen:
2023 Preis für besten Kurzdokumentarfilm Diagonale

2009 Publikumspreis für Dokumentarfilm beim Internationalen Filmfest Würzburg

2006 Fernsehpreis der Erwachsenenbildung für “Unter den Brettern hellgrünes Gras”

2005 Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Medienkunst (Sparte Dokumentarfilm)*

1993 Käthe Leichter-Preis für die Frauengeschichte der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung

1991 Förderungspreis des Theodor-Körner-Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst

1989 Förderungspreis der Stadt Wien für Geistes- und Sozialwisssenschaft

 

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Zum Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich
SENSIBLE FRAUENBILDER

…Von Beginn an rückt die im niederösterreichischen Gmünd geborene Regisseurin Personen und Erfahrungen in den Mittelpunkt ihrer Filme, die die öffentliche Wahrnehmung lange Zeit ausgeblendet hatte. Genannt seien hier die Dokumentation “Küchengespräche mit Rebellinnen” (1984, gemeinsam mit Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik, Lisbeth N. Trallori) über Österreicherinnen, die vom politischen Widerstand während des Nationalsozialismus erzählen, sowie das im Jahr 2000 verwirklichte Filmprojekt “Ceija Stojka” – Porträt einer Romní, das der Lebensgeschichte der Autorin und Malerin nachgeht. Karin Berger praktiziert eine Form der respektvollen Annäherung an die Frauen, die man in ihren Filmen kennen lernt. Sie eröffnet zugleich auch einen Erfahrungszusammenhang, der über die jeweiligen individuellen Biografien hinaus weist. Karin Berger gehört somit zu jener Generation heimischer Dokumentarfilmschaffender, die sich den Film nutzbar machte, im Sinne einer Gegenöffentlichkeit und für eine kritische Auseinandersetzung mit österreichsicher Vergangenheit und Gegenwart. Mitunter führt die Filmemacherin und Ethnologin die Auseinandersetzung auch auf einer persönlichen Ebene aus: “Das Wunder von Hoheneich” (1991) dokumentiert eine “Wiederbegegnung” mit dem eigenen Heimat- und Kindheitsort. “O! Fortuna! – work in progress” (1991-1995-2003) dagegen drückt jene Form heiterer Verzweiflung aus, die berufstätige Mütter nicht selten begleitet, und erzählt sehr einfach, direkt und schlüssig auch davon, wie (Film-)Arbeit und (Fauen-)Leben nicht immer ganz reibungslos ineinander greifen.
Isabella Reicher


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