Ich geb dir einen Mantel, dass du ihn noch in Freiheit tragen kannst*ICH GEB DIR EINEN MANTEL, DASS DU IHN NOCH IN FREIHEIT TRAGEN KANNST.
Widerstehen im KZ. Österreichische Frauen erzählen.
Wien 1987 Karin Berger
// Elisabeth Holzinger // Lotte Podgornik // Lisbeth N. Trallori

Mit Beiträgen von: Käthe Anders // Mathilde Auferbauer // Gertrude Austerlitz // Maria Berner // Amalija Blajs // Antonia Bruha // Friedl Burda // Maria Bures // Eva Einberger // Mali Fritz // Eva Grün // Rosa Jochmann // Hermine Jursa // Marianne Krasovec // Antonie Lehr // Ella Lingens // Ernestine Luze // Cilli Muchtisch // Erna Musik // Gratiana Pichler-Pemberger // Anne-Marie Pollak // Helene Potetz // Luise Reiter // Gerti Schindel // Katharina St./Ceija St. // Irma Trksak // Anna Hand // Hermine Jursa // Katharina Pecnik // Angela Prater // Betty Hirsch // Lotte S. // Käthe Sasso // Herta Soswinski // Hanna Sturm // Anna Sussmann // Ester Tencer // Rosa Winter // Hilde Zimmermann

In Auschwitz, Ravensbrück, Theresienstadt, in der Uckermark, in Maxglan und Lackenbach waren sie interniert, in einigen Fällen hatten sie eine Odyssee durch mehrere Lager hinter sich – 51 Frauen, die wir über ihre KZ-Haft befragt haben. In wiederholten mehrstündigen Gesprächen erzählten sie über die Bedingungen, denen sie widerstanden, über Mittel und Wege, die sie fanden, sich gegen das lebenszerstörende System zur Wehr zu setzen, über die Verletzungen, die man ihnen nach der Befreiung durch Ignoranz und Verachtung zugefügt hat. Um ihre Taten im Gesamtzusammenhang ihrer Entwicklung betrachten zu können, haben wir nach ihrer Vorgeschichte gefragt – uns interessierte, woher sie die Kraft nahmen, sich nicht brechen zu lassen. Auch wollten wir wissen, was es für sie bedeutete, die Zeit danach mit diesen Erfahrungen zu leben.

 

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PRESSE

Fünfzig Jahre nach diesen schrecklichen Ereignissen bekommt jetzt zum ersten mal dieser anonyme, tausendfache Widerstand in den KZ stellvertretende Namen. (...) die Berichte sind jetzt als Buch erschienen. Keiner der Frauen, die die Herausgeberinnen aufsuchten, ist das Reden leicht gefallen: “Bei manchen, die überlebt haben, hat das Schweigen alle Sätze aufgefressen.“
Horst Christoph, Profil, 7.12.1987

 

Mit der Veröffentlichung dieser Gesprächsprotokolle haben die Herausgeberinnen nicht nur einen bemerkenswerten, als Pflichtlektüre anzuratenden Beitrag zum Kampf gegen das Vergessen geleistet, sondern uns auch Lebensbilder zugänglich gemacht, die uns erschüttern, bereichern und verändern.
AUFBAU – Das jüdische Monatsmagazin, New York, Juni 1988

 

VERSCHWIEGENHEIT DER ÜBERLEBENDEN
(...) Im Band „Widerstehen im KZ. Österreicherinnen erzählen.“ reflektiert Mali Fritz über die unterschiedlichen Ausdruckformen von Widerstand im Konzentrationslager. Über die Illusion, man könne als Opfer frei von Schuld bleiben. Über die Schwerstarbeit, die es täglich bedeutete, Mensch zu bleiben, und nicht zu dem „Untermenschen“ zu werden, als den die Mörder eine/n bereits definiert hatten.

Obwohl beide Bände (Anm. Der Himmel ist blau. Kann sein.) aus Protokollen bestehen, beschränken sie sich nicht auf das reine Erzählen von Erlebnissen. Vor allem in ihren Berichten über die Lager ergänzen die Frauen ihre Schilderungen der Hölle durch Reflexionen über Struktur und Hierarchie der Hölle und über die Bedingungen des (Über)Lebens, die daraus resultierten. Jüdische Widerständlerinnen fanden sich plötzlich aller Gemeinsamkeit mit ihren nichtjüdischen Kameradinnen beraubt: KZ-Insassin und KZ-Insassin war noch lange nicht dasselbe.
Ingrid Strobl, Taz, 2. 1. 1988

 

Dieses Buch zu rezensieren fällt schwer. Es macht betroffen, berührt und lässt nicht mehr los. 51 Frauen haben die Autorinnen befragt; 51 erzählen. 51 Frauen stellvertretend für Hunderttausende. (...) Sie erzählen vom Überleben, vom Kampf gegen die Unmenschlichkeit. Sie berichten, wie sie in dieser organisierten Todesmaschinerie, in diesem Grauen die Solidarität, die persönliche Integrität, das menschliche Fühlen sich erhalten haben. Sie sind diesem System nicht erlegen, nicht physisch, vor allem nicht psychisch. Mit der Hoffnung auf ein neues Österreich haben sie sich am Leben erhalten.
Edith Prost, IWK - Institut für Wissenschaft und Kunst, 4/1987

 

EINE NEUE DIMENSION DES WIDERSTANDS
Die Worte Widerstand und Widerstehen erhalten in diesem Buch eine andere Dimension. Widerstehen im KZ, das heißt: nicht vor sich selbst die Achtung zu verlieren; noch an ein anderes Leben zu glauben im Angesicht der Tag und Nacht rauchenden Schornsteine.
Christine Lapp, AZ Arbeiterzeitung

 

GEDENKEN UND BEDENKEN
Das Erinnern and diese schreckliche Zeit im KZ ist vielen Frauen sehr schwergefallen. Mit dem Band „Der Himmel ist blau. Kann sein.“ über Frauen im Widerstand haben die Autorinnen schon einmal bewiesen, wie verantwortungsbewusst und einfühlsam sie mit schwer gezeichneten Mitmenschen umgehen können. Mehr als jede noch so sorgfältig erarbeitete Geschichtsdokumentation kann dieses Buch aufzeigen, wohin Machthunger und Intolereanz führen können und wie Menschen darunter leiden müssen.
B.G. Die Welt der Frau 3/88

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KORRESPONDENZ

AUS DEM PROTOKOLL DES 55. NATIONALRATES 1988 S. 936-939a:

Abgeordneter Dr. Khol (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich begrüße, daß Sie von den eher pessimistischen und nach hinten gewandten Forschungsschwerpunkten Ihres Vorgängers Minister Fischer jetzt zu eher optimistischen, zukunftsorientierten Forschungsschwerpunkten übergehen. Ich glaube, dass das richtig ist. Ich möchte insbesonders betonen, daß es auch wichtig ist, das Management der Mittel in der Auftragsforschung sachkundig zu gestalten. Ich habe hier eine Broschüre mit den Ergebnissen einer Auftragsforschung, die Ihr Vorgänger, der besagte Minister Fischer, heute Klubobmann, in Auftrag gegeben hat. Sie umfaßt 438 photokopierte Seiten mit 38 Interviews zu einem sehr wichtigen Thema: “Widerstand österreichischer Frauen in den Konzentrationslagern des nationalsozialistischen Regimes 1938 bis 1945.” Eine erschütternde Arbeit und ein wertvolles Thema.
Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Ich habe mich nach den Kosten dieser Arbeit erkundigt und habe von Ihrem zuständigen Ministerialrat, Dr. Burger, erfahren, daß die Kosten fast 500.000 Schilling betrugen. Das sind die Kosten für 38 Interviews und für 400 Seiten! Sind Sie der Meinung, daß hier ein angemessenes Verhältnis zwischen Kosten und Output besteht?
Präsident: Herr Bundesminister.
Bundesminister Dr. Tuppy: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zunächst möchte ich unterstreichen, was Sie in der Frage schon zum Ausdruck gebracht haben: Gerade im Jahre 1988 waren wir wohl beraten, uns den furchtbaren Geschehnissen vor 50 Jahren und was diesen Geschehnissen folgte, zuzuwenden.
(Zwischenruf des Abg. Dr. Khol)
Die Bearbeitung dieses Themas liegt auch auf einer methodisch…., nämlich der erzählten Geschichte. Es sind nicht so sehr Interviews, sondern zum Teil Berichte von Leidtragenden, erschütternde Berichte von Frauen, die im KZ waren und Bösestes erlebt haben. Darin besteht der Wert der Studien. Ich muß allerdings sagen, daß die Verarbeitung dieser Berichte durch ein Team von vier Autorinnen auf etwa 50 Seiten mit fast 500.000 Schilling wirklich gut bezahlt ist, ja etwas üppig bemessen worden ist. Andererseits muß ich noch einmal sagen: Die….KZ-Leidgeprüften sind derart, daß man das Werk nicht ohne Erschütterung weglegen kann.
…….

 

BRIEF DER HERAUSGEBERINNEN AN DR. KHOL
Wien, 18.4.1988
Sehr geehrer Herr Abg. Kohl!
In der Fragestunde im Parlament fragen Sie den Minister für Wissenschaft und Forschung, Hans Tuppy, nach dem Verhältnis von Kosten und Output der Studie “Widerstand österreichischer Frauen in den Konzentrationslagern des NS-Regimes 1938-1945. Sie meinen, 500.000,- Schilling seien für 38 Interviews und “für 400 Seiten!” zuviel. Auch Minister Tuppy findet, daß “die Verarbeitung dieser Berichte durch ein Team von vier Autorinnen auf etwa 50 Seiten mit fast 500.000 Schilling wirklich gut bezahlt ist, ja sogar etwas üppig bemessen worden ist.”
Wir hingegen glauben, daß Ihnen der Arbeitsaufwand, der hinter diesen 438 Seiten steckt, entgangen ist. So sind beispielsweise detaillierte Kenntnisse über die Bedingungen der Konzentrationslager und ihrer Auswirkungen nötig, sowie ein intensives Studium autobiografischer KZ-Literatur, um solche Gespräche auf einem qualitativ hohen Niveau führen zu können. Wir haben insgesamt 51 Frauen interviewt, manche von ihnen mehrere Male und verfügen über 3123 Seiten von Interviewtranskripten. Nach einem umfangreichen Auswertungsraster zu den verschiedenen Formen des Widerstandes wurde eine wissenschaftlich fundierte Auswertung erarbeitet, die wir in unserer Zusammenfassung – die tatsächlich etwa 50 Seiten beträgt – dargestellt haben. Adäquat zu den Erkenntnissen dieser Analyse wählten wir die Passagen für die Publikation aus und redigierten sie in einer Weise, die die individuelle Sprache der Frauen erhält. Das Buchmanuskript, auf das Sie sich beziehen ist der Extrakt einer zwei Jahre andauernden, intensiven und sehr belastenden Auseinandersetzung mit dem Thema.
Zur Frage der Nicht-Präsentation des Buches durch das Ministerium, die von Minister Tuppy damit begründet wird, daß nicht “weitere Mittel für eine Präsentation von Seiten des Ministeriums zur Verfügung gestellt” werden, nachdem das Ganze ohnehin schon so teuer gekommen wäre, möchten wir bemerken, daß die Kosten für eine Präsentation etwa mit 20 Flaschen Mineralwasser und 15 Flaschen Pago anzusetzen sind. Die Räumlichkeiten des Ministeriums und ein amtierender Minister sind schließlich vorhanden.
Wir hoffen, mit unserem Schreiben einen grundlegenden Irrtum aufgeklärt zu haben.
Mit besten Grüßen!

 

BRIEF VON DR. KHOL
Wien, 25.4.1988
Haben Sie Dank für Ihren Brief vom 18. April 1988. Ich habe meine Anfrage an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nicht auf der Grundlage der Zusammenfassung von etwa 50 Seiten gemacht, sondern ich habe mich beim zuständigen Abteilungsleiter im Ministerium um die gesamten vorgelegten Unterlagen bemüht, einen zusammenfassenden Bericht von an die 500 Seiten erhalten und durch meine Sachbearbeiter – ich bin nunmehr schon fast 15 Jahre im Wissenschaftsmanagement tätig – kritisch durchsehen lassen. Dies ist die Grundlage meiner Frage an den Bundesminister, der meine kritische Haltung zum Verhältnis von Kosten und Leistung bestätigte; auch Minister Tuppy ist Jahrzehnte im Wissenschaftsmanagement tätig.
Ich möchte noch einmal betonen, was ich auch in der schriftlichen Anfrage betont habe: ich halte die Arbeit für wertvoll und informativ und ich hätte mich gefreut, wenn aus dem gleichen Themenbereich (Faschismuskritik) mit dem gleichen Geld fünf verschiedene Arbeiten aus verschiedener Sicht gefördert hätten werden können, um so der Zielsetzung des Projektes eine noch breitere Grundlage zu geben.
Mit den besten Grüßen


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