Ich hab dir keinen Rosengarten versprochen...ICH HAB’ DIR KEINEN ROSENGARTEN VERSPROCHEN...
Das Bild der Frau in vier österreichischen Tageszeitungen
Nora Aschacher
// Karin Berger // Uli Moser // Lotte Podgornik // Eleonore Ringel // Stefanie Wukovitsch // Frischfleisch & Löwenmaul, Wien 1979



AUS DEM VORWORT:
Wir (das sind sechs berufstätige Frauen), wir und alle Frauen, die wir kannten, kamen auf den für Frauen reservierten Seiten, auf den Seiten „Politik“, „Wirtschaft“, „Lokales“ nicht vor und wenn, so erkannten wir uns kaum wieder. Weder gehen wir nur mit einem winzigen Höschen bekleidet durch die Welt, noch wandeln wir in schimmernden Seidenstoffen einher, deren Kauf unser ganzes Monatsgehalt kosten würde. Wir hatten auch täglich andere Entscheidungen zu treffen als „Lidschatten amber oder beige?“ oder zwischen Tanga und Loden zu wählen. Wir schlugen uns auch nicht damit herum, ob wir mit „Alfi“, Kurti“ oder „Udo“ ins Bett, in die römische Wohnung oder auf Safari gehen sollten; noch bastelten und kochten wir den ganzen Tag.
Wir hatten es also satt!!! Daher beschlossen wir im März 1978, eine zeitlang genau hinzuhören, was uns aus dem Radio täglich an Werbesprüchen entgegentönt, zu fotografieren, was uns auf Plakatflächen präsentiert wird und besonders aufmerksam zu lesen, wie Zeitungen über Frauen berichten und was sie über uns berichten.
Wir haben also sechs Monate hindurch, von April bis September 1978, täglich vier österreichische Tageszeitungen – „Die neue Kronenzeitung“, den „Kurier“, „Die Presse“ und die „Arbeiterzeitung“ – unter diesem Gesichtspunkt durchgeschaut und bei der Hörfunkwerbung nicht gleich abgedreht, sondern mitgeschrieben. Das Ergebnis unserer Beobachtungen haben wir in diesem Heft festgehalten. Wir verstehen uns nicht als wissenschaftliches Forschungsteam und wollen mit unserer Arbeit nicht mit wissenschaftlichen Untersuchungen konkurrieren. Vielmehr sehen wir uns als sechs betroffene Frauen, als normale Zeitungsleserinnen.

 

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PRESSE

„FRAUENMAUL“ KONTRA AZ – AZ ANTWORTET
(...) Von der Seite „Frau und Familie“ fordert das „Frauenmaul“ „mehr Realität in der Darstellung der Frau“. Glaubt die AZ wirklich, fragt man, dass Abendkleider von Schiaparelli und Dior, exquisite Parfüms, an jedem Finger Ringe, unentwegte Schminkkorrekturen, wie sie uns ans Herz gelegt werden, zur Gleichberechtigung und Emanzipation etwas beitragen können? Durch die Vorführung der Frau „als kosmetik- und modefixiertes Weibchen“ würden Väter, Töchter und Söhne ins Hintertreffen geraten, sie müssten sich auf dieser Seite mit Nebenrollen begnügen. Es werden einzelne Themen kritisiert und der Seite unterstellt, sie stelle die Frau als Zugpferd der Kosmetikindustire dar.
Das „Frauenforum“ schließlich kommt noch relativ gut weg – allerdings nur als Gegensatz zu „Frau und Familie“. „Die Existenz zweier so gegensätzlicher Frauenseiten verursacht Unbehagen...“ Dass es erst seit einem Jahr eine „fast feministische“ Seite in der AZ gebe verursache „Unbehagen“. Die sechs Autorinnen bringen das in Zusammenhang mit bevorstehenden Wahlen.
Typisch für die „flott geschriebenen Artikel“ auf dieser Seite sei zwar das Aufzeigen diskriminierender Merkmale weiblicher Berufsarbeit, doch der gesellschaftliche Hintergrund, in dem das möglich ist, werde nicht erwähnt. Das „Frauenforum“ spreche zwar vorhandene Unzufriedenheit an, die Frauen würden aber nicht ermutigt, sich aus ihrer Lage zu befreien.
Die für die kritisierten Seiten verantwortlichen AZ-Redakteure und Chefredakteur Scheuch haben im folgenden nun persönlich zu der Untersuchung Stellung genommen.
AZ Arbeiterzeitung 1. April 1979

 

FRAUEN RINGEN UM IHR IMAGE
Am Nachmittag gab es dann eine Diskussion der Frauen mit Chefredakteuren österreichischer Blätter, die streckenweise sehr stürmisch verlief. Die Frauen fühlen sich – übrigens zu Recht – in den Medien unterrepräsentiert. Sie klagen auch darüber, dass Frauenthemen zu selten, und wenn, dann häufig verzerrt behandelt würden. Auch diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen.
In einer Untersuchung in der sechs Monate hindurch täglich die vier Blätter „Die Neue Kronen-Zeitung“, „Kurier“, „Die Presse“ und die „Arbeiter-Zeitung“ beobachtet wurden, kamen die Zeitungen nicht gut weg. Die Frauen sagen: Wir sind nicht so, wie wir recht häufig dargestellt werden. Sie illustrierten das auch in ihrem Bericht recht anschaulich. Allerdings gingen sie am Thema vorbei, wenn sie darüber Klage führten, dass sie auf den politischen Seiten, in der Wirtschaft und im Lokalteil nicht „vorkämen“, sondern ihnen nur die Rolle des barbusigen Werbemittels und Lustobjekts zugeteilt werde.
Das übereinstimmend von den Journalisten vorgebrachte Argument Wirtschaft, Lokales und Politik seien durchaus keine Männerthemen, denn die Auswirkungen der Politik und der Wirtschaftspolitik gingen Frauen und Männer gleichermaßen an, wurde nicht akzeptiert.
Wiener Zeitung, 6. März 1979

 

Die Autorinnen haben das Buch amüsant geschrieben und wenden sich damit ganz bewusst an Frauen (und Männer), die nicht im Lesen wortgewaltiger Medien- und Tabellenanalysen geübt sind. Sosehr das Fehlen von Theorie ein Vorteil ist – es wird vorwiegend auf den Inhalt der Zitate gesetzt und die sprechen in der Tat für sich -, so ist dies doch ein Nachteil bezüglich der Frage, was Frauen gegen diese alltägliche Gewalt gegen sie in den Zeitungen tun können. Ist die Degradierung der Frau nun ein Ausdruck der Männerherrschaft oder des Profitstrebens? Gilt der Kampf den Männern, dem kapitalistischen System oder beiden? Können mit Männern Bündnisse eingegangen werden? Was ist gerade der Durchschnittsfrau, deren Leben in den Zeitungen totgeschwiegen oder verzerrt wird, auf diese Fragen zu antworten? Und was den Männern?
Trotzdem, die Arbeit ist wichtig und belegt einmal mehr die Verdinglichung von Frauen in den Medien, und wer dem Buch nicht glaubt, der braucht nur aufmerksam „die Zeitung“ zu lesen.
Wolfgang Stangl, Kriminalsoziologische Bibliographie 6. Jg. (1979) H 23-24

 

(...) Soweit so schlecht. Stimmt alles. Nur: Dass diese Darstellung der Frau sich aus den Kapitalinteressen der Zeitungseigentümer (insbesondere bei Presse und Kurier) erklären („...schließlich braucht uns die Industrie, und der Kurier gehört ja Industriebossen...“), Emanzen als Abwertung der Frau an sich verstanden wird, bleibt ebenso unverständlich wie die Tatsache, dass an die verschiedenen Zeitungen verschiedene Maßstäbe angelegt werden: Werden Kurier und Krone hart kritisiert, so steigert sich der Ton gegenüber der Presse bis zur Gehässigkeit, während die Arbeiterzeitung vergleichsweise mit Glacehandschuhen angegriffen wird. Was allerding s seinen Grund – außer in der politischen Schlagseite – auch in den durchaus unterschiedlichen schriftstellerischen Fähigkeiten der sechs Autorinnen finden dürfte.
Trotzdem: Ein interessantes, teilweise amüsant geschriebenes Buch zu einem wichtigen Thema, dem allerdings vielleicht mit einer einheitlicheren, distanzierteren Form besser gedient wäre.
Herbert Geyer, Klartext Nr. 14, Okt 79

 

Fazit: Man erfährt in diesem Buch vieles über die Wirklichkeit der Frauen und deren entstellender Darstellung in den Medien, aber nichts über die Wirklichkeit der Medien.
Michael Jäger, Falter Nr. 49, Juni 1979


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