Zwischen Eintopf und FließbandZWISCHEN EINTOPF UND FLIESSBAND.
Frauenbild und Frauenarbeit im Faschismus. Österreich 1938-1945.
Coverfoto: Courtesy Bruno Aigner, Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1984. Vergriffen

 

PRESSE

Vom NS-Regime wurde das Frauenbild der sich aufopfernden, dem „Volksganzen“ dienenden Mutter propagiert.
Mit zunehmender Aufrüstung wurde aber alles getan, um die weibliche Reservearmee zu mobilisieren. Durch Einführung der Dienstpflicht, Propagierung der freudig arbeitenden Frau und frauenspezifischer Sozialpolitik versuchte man die Frauen an die Fließbänder der Rüstungsindustrie zu zitieren.
Die Autorin untersucht anhand umfangreichen Quellenmaterials damit zusammenhängende Fragenkomplexe wie z.B. die Änderung des Bildes der arbeitenden Frau, die Militarisierung der Hausarbeit, die Probleme bei der Durchführung der Frauendienstpflicht oder die – den Rationalisierungsbestrebungen angepasste – Ideologie von der Monotonieunempfindlichkeit der Frauen.
Den Hintergrund dieser Analyse bildet die Frage nach dem Widerspruch zwischen Frauenideologie und praktischer Frauenpolitik des NS-Regimes.
IWK, Institut für Wissenschaft und Kunst

 

(....) Karin Berger zeichnet, gestützt auf eine Vielzahl von Quellen, ein erstes brauchbares, allen zugängliches Bild über die Lage der Frau unter dem NS-Regime in Österreich. Besondere Bedeutung kommt der Arbeit auch insofern zu, als die Autorin unter Frauengeschichte keine Sondergeschichte versteht, sondern sie als integralen und unverzichtbaren Teil der Geschichte des Faschismus begreift. Und damit auch der sogenannten Modernisierungstheorie entgegentritt, wie sie etwa von Jill Stephenson und David Schoenbaum vertreten wird, wonach die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen eine Emanzipation der Frau durch den Faschismus darstelle.
Von wegen „Frauen im Faschismus“. Uns nicht vergessen lässt die Autorin, wer „die“ Frauen, „die“ Menschen im Alltag unter dem NS-Regime waren bzw. wer von dieser Menschheit ausgeschlossen war. Das möchte ich als ein Verdienst dieses Buches werten, obwohl es doch selbstversändlich sein sollte. Karin Berger widmet das Buch einem Teil der anderen Hälfte der Frauen im Faschismus: Den Ostarbeiterinnen und Polinnen. Den Jüdinnen, Zigeunerinnen und politisch Verfolgten möchte ich hinzufügen.
Brigitte Lichtenberger-Fenz, WIENER TAGEBUCH 7-8/1985

 

Frauenbild und Frauenpolitik des NS-Regimes in Österreich sind weitgehend unbekannt. Welche Frauen zwang man an die Fließbänder Rüstungsindustrie? Geschickte Hände? Wie änderte sich das faschistische Frauenbild während der Kriegsjahre? Gab es eine frauenspezifische Sozialpolitik? Eine lebendige Dokumentation!
40 JAHRE DENKPAUSE Nawi-Info März 1985

 

(....)Dass und wie diese Ideologie zunehmend in Widerspruch geriet mit der ökonomischen Notwendigkeit, Frauen als billige Arbeitskräfte aufzubieten, wie die Einplanung von Frauenarbeit in die Rüstungsindustrie sich nicht nur in einer entsprechend modifizierten Propaganda der „schaffenden Frau“ niederschlug, sondern die scheinbar wesensgemäße häusliche Unterordnung der Frauen als Rechtfertigung für den tatsächlichen Einsatz am Fließband tauglich war, ist mittlerweile Gegenstand historischer Untersuchungen. Jedoch gibt es zu diesem Thema kaum österreichspezifische Forschung, die Arbeit von Karin Berger stellt in dieser Hinsicht eine interessante Ausnahme dar.
Die Autorin behandelt Ursachen und Funktionen der Integration von Frauen in die Rüstungsproduktion beziehungsweise die Art und Problematik ihrer Durchführung, die über Brauchbarkeit und Wandel des faschistischen Frauenbildes zugleich Aufschluss geben kann. Dieser Zusammenhang wird resümierend an der zwangsweisen Dienstverpflichtung von Frauen deutlich gemacht. Hier lässt sich das Weiterwirken einer traditionellen Weiblichkeitsideologie, die im Austrofaschismus besonders massiv propagiert worden war, in seinen Konsequenzen analysieren: Da das allgemeine Bewusstsein bezüglich der Berufstätigkeit von Frauen sich am Häuslichkeitsideal ausrichtete, wagte das Regime aus Angst vor bedeutender Missstimmung in der Bevölkerung niemals, die Dienstpflicht auf alle Frauen auszudehnen, obwohl auch die Tatsache, dass privilegierte Frauen sich ihr ohnehin entziehen konnten, Kritik unter den weniger Privilegierten hervorrief. Vielmehr bemühte man sich, in der Propaganda die Fabrikarbeit rosig darzustellen, hier taugte das antiquierte Frauenbild zu Versuchen, die Ängste kleinbürgerliche Frauen vor „Proletarisierung“ – und damit, nach ihrer Auffassung, Deklassierung, zu beschwichtigen.
Das Problem der realen Doppelbelastung berufstätiger Frauen wurde dabei verharmlost oder ignoriert. Sozialpolitische Maßnahmen sorgten in der Praxis dafür, dass die Leistungsfähigkeit der Arbeiterinnen entsprechend den Regimeinteressen intakt blieb.
Insgesamt zeigt Bergers Analyse, wie eine biologistische Auffassung vom Wesen der Frauen offenbar trotz Widersprüchen geeignet war, Frauen für unqualifizierte Lohnarbeit heranzuziehen – es fehlte auch nicht an „wissenschaftlichen“ Begründungen für ihre scheinbar naturgegebene Eignung und Integration in einen sich geschlechtsspezifisch differenzierenden Arbeitsmarkt, der ihnen monotone Tätigkeit bei schlechter Entlohnung bot. (...)
Lisa Binder LINKE-MAGAZIN, April 1985

 

Sehr anschaulich dokumentiert die Autorin das „atavistische und biologistische“ Frauenbild der Nazis. Dieses setzten Frau gleich mit „Natur, Erdhaftigkeit, Emotionalität, Irrationlität, Fruchtbarkeit, Selbstaufopferung, masochistischer Unterwürfigkeit und geistiger Minderwertigkeit“ (S 12). Als eigentlicher Mensch galt nur der Mann – der „deutsche Mann“. Jede „Entrechtung durch das NS-Regime wurde den Frauen als unabänderliches Naturgesetz dargestellt, gegen das aufzubegehren sinnlos wäre.“ (S 17). (...) Aufschlussreich ist Bergers Untersuchung der faschistischen Sozialpolitik, die überlange Arbeitszeiten, monotone, harte Arbeit und niedrige Frauenlöhne in bestimmtem Maß ausgleichen sollte, um dem Sinken der Geburtenrate entgegenzuwirken (zum Beispiel Mutterschutzgesetz). Kern der frauenspezifischen Sozialpolitik war, die Doppelbelastung aufrechtzuerhalten, die dem Funktionieren des faschistischen Systems diente.
Mit ihrer umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchung leistete Karin Berger einen wichtigen Beitrag zur Faschismusforschung, besonders in Österreich, zur Aufarbeitung des Frauenalltags und auch des weiblichen Widerstands gegen die NS-Diktatur.
Susanne Sohn, WEG UND ZIEL 5/85

 

(...)Von der Reduzierung auf ihre biologischen Fähigkeiten als Gebärerin einer „reinen Menschenklasse“ über ihren „Ehrendienst“ als Hilfsarbeiterin in der Rüstungsindustrie bis zum „Kanonenfutter“ im Angesicht der Kriegsniederlage wandelte sich das ideologische, nationalsozialistische Frauenbild. Dabei ging es nie wirklich um die Frauen, um deren „Selbstverwirklichung“, sondern immer nur um die Machtinteressen der terroristisch herrschenden „Staatsmänner“.
Christine Haiden, WELT DER FRAU 4/88

 

Wie konnten die nationalsozialistischen Machthaber diesen Widerspruch aufrechterhalten und wie reagierten die Betroffenen darauf?
Von dieser Fragestellung geht Karin Berger in ihrer Untersuchung der Situation der Frauen in Österreich aus. Sie baut ihre Arbeit hauptsächlich auf Primärquellen – Stimmungsberichte, Gesetze und Verordnungen, die nationalsozialistische Presse u.a.m. – auf. Mit der empirischen Analyse verbindet die Autorin die Theorie, dass „die Probleme aus den Widersprüchen zwischen Ideologie und Praxis auch durch den Terror des Systems nicht beseitigt werden konnten, sondern propagandistische, sozialpolitische und ökonomische Maßnahmen notwenig wurden, um die Arbeitskraft der Frauen sowohl für die Reproduktions- als auch für die Produktionsarbeit auszubeuten.“
(...) Trotz aller propagandistischen Maßnahmen konnte das Regime nie die Loyalität der Mehrheit der Frauen für sich gewinnen. Die Frauen reagierten auf die Manipulationsversuche mit Widerstand – und zwar mit aktivem, bewussten Widerstand als auch mit passivem Widerstand. Darauf geht Berger am Ende des Buches ein. (...)
Marianne Geets, ÖZP Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 85/2

 

Ein Widerspruch? Diese Frage motivierte Karin Berger, die Maßnahmen zur Integration von Frauen in die Rüstungsindustrie zu untersuchen, nach ihren Ursachen und Funktionen zu fragen. In ihrem Buch „Zwischen Eintopf und Fließband“ arbeitet die Autorin unter den drei Hauptaspekten „Frauenbild, Sozialpolitik und Zwangsarbeitsmaßnahmen“ heraus, inwieweit die ökonomischen Interessen des NS-Regimes – insbesondere rüstungspolitische Erfordernisse – das NS-Frauenbild prägten und im Laufe der Kriegsjahre veränderten.
Das Ergebnis dieser Arbeit ist äußerst interessant und trägt dazu bei, die dunklen Stellen in unserer Geschichte aufzuhellen. Denn, so Karin Berger, „wie sollen wir zukünftige ideologische Tendenzen erkennen, wenn wir nicht einmal die jüngste Geschichte begriffen haben? Und wie wollen wir unsere Gegenwart in die Hand nehmen, wenn unsere Geschichte im Dunkeln liegt?“
Bärbel Danneberg VOLKSSTIMME 15. 5. 1985

 

(...) Wo ein Handschlag zur Regierungskrise führt, kann das Repetieren von Formeln und Vorurteilen kaum etwas zur „Geschichtsbewältigung“ beitragen.
Auf die Geschichte von Frauen trifft dies mindestens genauso zu. Da ist es schon eine Überraschung, zwei Bücher zu finden (kann sein, dass es mehr gibt) (Anm: Der Himmel ist blau. Kann sein.), die nicht nur mit erhobenem Zeigefinger vor dem Vergessen bewahren wollen – weil ja nicht vergessen werden kann, was nicht einmal ignoriert wird: die Rolle der Frauen im Faschismus, die so eindeutig auch nicht ist. Das ist allerdings fast das einzige, was diese beiden Bücher – die im folgenden besprochen werden gemeinsam haben, trotzdem sie sich, meiner Meinung nach, wunderbar ergänzen.
Beate Soltesz, AN.SCHLÄGE 3. Jg, Nr. 9

 

Diese umfassende Arbeit – die nicht nur ausführlichst Fakten und Beispiele aus dieser Zeit anführt, sondern die darüber hinaus äußerst spannend zu lesen ist – hat Karin Berger zur richtigen Zeit veröffentlicht, denn die „runden Daten“, wie 40 Jahre Befreiung vom Faschismus, erinnern an diese Zeit. Eine Pflichtlektüre für alle – nicht nur frauenbewegte Frauen.
Bärbel Danneberg, STIMME DER FRAU, Februar 1985


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