O! Fortuna!
 

O! Fortuna! I-VI
Work in Progress
AT 2017, 12 min
Regie, Kamera, Schnitt: Karin Berger
Postproduktion: Stefan Fauland, Schnitt-Supervision: Niki Mossböck, Farbkorrektur: Jimmi Hennrich, Tonmischung: Emanuel Friedrich, DVD-Mastering: Dariusz Kowalski
Vertrieb / Verleih: SIXPACKFILM

Screenings Auswahl:
2019 Kurzfilmfestival Ottawa // Flying Film Festival Swiss Air // 2018 FEBIOFEST International Film Clubs Festival Bratislava // Filmski Festival Herçeg Novi Monte Negro // SHORTZ Novi Sad // 2017 Diagonale // VIS - Vienna Shorts Festival // DOTDOTDOT Open Air Kurzfilmfestival // Austria Living Collection Sixpackfilm // Lange Nacht der kurzen Streifen Mank // 2011 Espressofilm // 2010 FrauenFilmTage Wien // 2003 Diagonale // 1999 Pandora 99 Das Kind in dir // 1995 Bildwechsel Hamburg // 1993 São Paulo One Minute Film Festival // NDR // 1991 Medienwerkstatt Wien Wienminuten

Der erste Teil von O! FORTUNA! entstand im Rahmen des Projektes „Wienminuten“ 1991: http://manfredneuwirth.at/works/wien_index.html

 

 

DVD: She Did It Her Way
Kurzfilme
Der österreichische Film –
Edition Der Standard #319

Befreiungsschläge gegen traditionelle Weiblichkeitsbilder; Alltagsbeobachtungen, rigider Formwille und – die pure Freude am bewegten Bild, Licht und Ton. SHE DID IT HER WAY: eine Auswahl von experimentellen Arbeiten österreichischer Filmemacherinnen, die über Generationen hinweg Kinogeschichte geschrieben haben und weiter schreiben.

Regisseurinnen: Maria Lassnig // VALIE EXPORT // Ashley Hans Scheirl // Ursula Pürrer // Linda Christanell // Katrina Daschner // Sabine Marte // Carola Dertnig // Kurdwin Ayub // Karin Berger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

TEXTE

Arbeit ist nicht das Erste, was zur Göttin des Glücks einfällt. Karin Bergers Film beginnt mit knalligen Lettern in Pink. O! Fortuna! Der Untertitel work in progress, legt die Fährte zum Thema Arbeit im autobiographischen Werkstück der Dokumentarfilmerin. Der Titel entstammt Carl Orffs Carmina Burana. Die repetitive Rhythmik der Chor-Musik treibt die Bilder in einer städtischen Altbauwohnung den gesamten Film hindurch an. In zwölf Minuten vergeht der Alltag von mehr als zwanzig Jahren. Wohnzimmer, ein Balkon als Grenze zum Außen, ab und zu Himmel und Blick über Wien.
Die Filmemacherin dokumentiert ihr Leben als Alleinerzieherin mit Kind von der Geburt der Tochter 1991 bis zu deren Auszug aus der gemeinsamen Wohnung in Form von sechs Alltagsminiaturen. Das Verhältnis von Bild und Ton erzeugt eine Spannung, die den kurzen Film in die Koordinaten Zeit, Glück und Arbeit einspannt. Worte gibt es kaum, Berührungen auch nicht. Veränderungen, Gefühle und Ansprüche werden über Gesten, Dinge, Routinen der Körper und Dinge erzählt. Die Strampler, die Windeln, die Socken auf der Wäscheleine, Eier in der Pfanne, der Nachttopf. Das Pathos der Musik karikiert die banalen Handgriffe des Alltags. Das Leben mit einer Pubertierenden versinnbildlicht sich im Knallen der Tür und dem Handy mit der Nachricht, "Was gibt es heute zu essen?"
Der Wohnraum verändert sich durch das Ankommen eines Kindes und auch durch dessen Weggehen viele Jahre später. Arbeiter legen Hand an bei der Renovierung des Balkons. Das Glück ist flüchtig, manchmal aber verweilt es, so wie die Kamera auf dem Gesicht des schlafenden Mädchens. O! Fortuna! handelt mit mitreißender Selbstironie von dem verordneten Wunsch danach, die beste Mutter zu sein, eine Mutter, die gut genug ist – obwohl sie ihren Beruf liebt und die Geldtasche nicht voll ist, um alle Wünsche der Tochter zu erfüllen. (Ein Pferd!) Gegen Ende des Films gleiten eine Filmspule und ein Filmstreifen durch die Hände von Karin Berger und verweisen, so wie der Vertov zitierende Schattenriß einer Frau mit Kamera, auf die Praxis des Filmemachens, die auch nach dem Leben mit Kind weitergeht.
Monika Bernold 2017
 
Work is not the first thing that comes to the mind of the goddess of happiness. Karin Berger´s film begins with gaudy pink letters: O! Fortuna! The subtitle work in progress draws a connection to the topic of work in the documentary filmmaker´s autobiographical piece. The title originates from Carl Orff´s Carmina Burana. The repetitive rhythm of the choir music drives on the images in an old, urban apartment throughout the entire film. More than twenty years of everyday life pass in the film´s twelve minutes. Living room, a balcony as border to the outside, from time to time the sky, and a view over Vienna.
In the form of six miniatures of everyday life, the filmmaker documents her life as a single parent from the birth of her daughter in 1991 to her daughter’s departure from the home they shared. The relationship of image and sound generates a tension that harnesses the film within the coordinates of time, happiness, and work. Words are few, as are contacts. Changes, feelings, and demands are told through gestures, things, bodily routines, and objects. A romper suit, diapers, socks hanging on the line to dry, eggs in the pan, and a chamber pot. The pathos of the music caricatures the banal, everyday maneuvers. Life with an adolescent is symbolized by the slamming of a door, and a cellphone message: "what´s for dinner?"
The living space changes through the arrival of a child and also through her departure many years later. Workers lend a hand renovating the balcony. Happiness is fleeting, but sometimes it lingers like the camera on the face of the sleeping girl. With infectious irony, O! Fortuna! is about the desire to be the best mother, a mother who is good enough — even though she loves her job and her wallet is never full — to make all of her daughter´s wishes come true. (A horse!) Towards the end of the film, a spool of film and a film strip slip through Karin Berger´s hands and point, as does the silhouette of a woman with a camera in a quote of Vertov, to the practice of filmmaking, which even after life with a child, continues.
Monika Bernold 2017
Translation: Lisa Rosenblatt
 
 
Sechs filmische Miniaturen, die von den Schwierigkeiten des Alltags mit Kind erzählen. Zu Beginn, in bebenden Super-8-Bildern festgehalten, die bevorstehende Geburt der Tochter: Babywäsche und Operndonner. Einige Jahre später eine knappe ‘comédie du travail’: das tägliche Kochen-Putzen-Wickeln-Waschen-Bügeln. In Episode drei wird die Welt der mittlerweile Zwölfjährigen als adoleszenter Sehnsuchtsrausch dokumentiert, zwischen Pferdekitsch und idealisierten Mutterbildern. Ab Episode vier kommen die Verhältnisse ins Wanken, die filmende Mutter wird in Frage gestellt, Türen werden zugeschlagen und Koffer gepackt. Ein oft selbstironischer, manchmal melancholischer Blick einer Filmemacherin auf ihre Tochter, auf ihr Leben als ‘Alleinerzieherin’ und schließlich auf sich selbst.
To be continued.
Constantin Wulff 2003


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