
MIT OFFENEM BLICK
Gespräch mit Karin Berger zu Ausschnitten ihrer Filme
Kuratorin: Isabella Reicher // Kamera: Manfred Neuwirth //
Reihe POSITION-N Medienwerkstattt Wien 2016
www.position-n.at
Seit den 1980er-Jahren arbeitet Karin Berger als Dokumentarfilmerin. Von Beginn an
rückt die Regisseurin Personen und Erfahrungen in den Mittelpunkt ihrer Filme, die die
öffentliche Wahrnehmung lange Zeit ausgeblendet hatte: In Küchengespräche mit
Rebellinnen etwa (1984, gemeinsam mit Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik, Lisbeth N. Trallori)
erzählen Österreicherinnen vom politischen Widerstand während des Nationalsozialismus.
Die Lebensgeschichte der Autorin und Malerin Ceija Stojka steht im Mittelpunkt von Ceija Stojka �
Porträt einer Romni (2000) und Unter den Brettern hellgrünes Gras (2005).
Karin Berger praktiziert eine Form der respektvollen Annäherung an die Menschen, die man in
ihren Filmen kennen lernt und eröffnet zugleich auch einen Erfahrungszusammenhang, der über
die jeweiligen individuellen Biografien hinaus weist. Ihren ProtagonistInnen begegnet sie als diskretes,
aufmerksames, nachfragendes Gegenüber in einer den Porträtierten vertrauten Umgebung. Ihren
ZuseherInnen erlaubt sie damit sehr unmittelbare Einblicke und Zuhör-Erfahrungen, nicht zuletzt
in ihrem bislang letzten Kinofilm Herzausrei�er (2008), der zeitgenössische InterpretInnen des
Wienerlieds und deren individuelle Aneignungen dieses Stücks heimischer Popkultur vorstellt.
Karin Berger gehört somit zu jener Generation heimischer Dokumentarfilmschaffender, die sich
den Film im Sinne einer Gegenöffentlichkeit und für eine kritische Auseinandersetzung mit
österreichischer Vergangenheit und Gegenwart nutzbar machte. Mitunter führt sie diese
Auseinandersetzung auch auf einer persönlichen Ebene: O! Fortuna! � work in progress
(1991-1995-2003) drückt jene Form heiterer Verzweiflung aus, die berufstätige Mütter
nicht selten begleitet, und erzählt sehr einfach, direkt und schlüssig auch davon, wie
(Film-)Arbeit und (Frauen-)Leben nicht immer ganz reibungslos ineinander greifen.
Isabella Reicher
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